Banner

Sequentiellen Plananalyse

Psychotherapieforschung aus dem Geiste der Musik
Klangumsetzung einer Sequentiellen Plananalyse

In dem Maße, in dem eine zwischenmenschliche Begegnung gleichzeitig über verschiedene Kommunikationskanäle realisiert wird hat sich die Identifikation von gestalttragenden Mustern im Interaktionsgeschehen sowohl auf zeitliche Prozessstrukturen aber auch auf gleichzeitig nebeneinander auftretende Konstellationen zu stützen. Strunk und Schiepek (2002) beschreiben diese Suchrichtung der Musteridentifikation als Orientierung an der Metapher der Musik.

Forschungsprojekt Psychotherapieprozessforschung

Das Projekt orientiert sich an der Metapher der Musik, um daraus ein Verständnis der Therapeut-Klient-Interaktion zu entwickeln. Musik besteht in der Erzeugung akustischer Prozessgestalten, wobei jeder Ton sowohl synchron – im Zusammenklang von Tönen –, als auch diachron – in der Abfolge von Tönen – in einen Zusammenhang eingebunden ist. Hieraus entstehen Harmonien, Rhythmen und Melodien. Mit dieser Analogie zwischen menschlicher Kommunikation einerseits und musikalischen Prozessgestalten andererseits wird ein bestimmter Anspruch an den Komplexitätsgrad der Beschreibung therapeutischer Beziehungsgestaltung eingeführt. Die Beschreibung sollte über die Beobachtung alternierender Einzelverhaltensweisen der Interaktionspartner (Ping-Pong-Modell) hinausgehen und in der Lage sein, die diachrone und synchrone Koordination von Verhaltensweisen darzustellen und zu analysieren. (Strunk/Schiepek 2002, S. 291f.) 

Die Methode der Sequentiellen Plananalyse

Verwirklicht werden die genannten Ansprüche und Perspektiven auf das psychotherapeutische Geschehen durch die Anwendung einer Weiterentwicklung der hierarchischen Plananalyse nach Caspar (1986, 1989, 1996, Caspar/Grawe 1982) zu einem Kodierinstrument von Abfolgemustern interaktioneller Pläne (Richter et al. 1995; Schiepek et al. 1995a) welches als Sequentielle Plananalyse bezeichnet wird.

Über die Anwendung der Methodik der Sequentielle Plananalyse in der Psychotherapieforschung hat Guido Strunk 1996 seine Diplomarbeit in Psychologie an der WWU Münster verfasst. Algorithmen zur Datenerfassung, Verarbeitung, Auswertung und Darstellung wurden im Rahmen dieser Arbeit und weitere Publikationen entwickelt. Eine abschließende Darstellung der Methodik und der Analysen von zwei Psychotherapien wurde mit seiner Dissertation 2004/2005 vorgelegt (link). Die Sequentielle Plananalyse kam auch bei der Analyse von Gruppenprozessen zum Einsatz (Schiepek et al. 1995b).

Literatur

Caspar F. (1986): Die Plananalyse als Konzept und Methode. In: Verhaltensmodifikation, 4: 235-256.

Caspar F. (1989): Beziehungen und Probleme verstehen. Eine Einführung in die psychotherapeutische Plananalyse. Bern: Hans Huber Verlag.

Caspar F. (1996): Beziehungen und Probleme verstehen. Eine Einführung in die psychotherapeutische Plananalyse (2., überarbeitete Auflage). Bern: Hans Huber Verlag.

Caspar F. & Grawe K. (1982): Vertikale Verhaltensanalyse: Analyse des Interaktionsverhaltens als Grundlage für die Problemdefinition und Therapieplanung. Bern: Psychologisches Institut der Universität Bern.

Richter K., Schiepek G., Köhler M. & Schütz A. (1995): Von der statischen zur Sequentiellen Plananalyse. In: Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie: 24-36.

Schiepek G., Kowalik Z.J., Gees C., Welter T. & Strunk G. (1995b): Chaos in Gruppen? In: W. Langthaler & Schiepek G. (Eds.), Selbstorganisation und Dynamik in Gruppen. Münster: LIT Verlag: 38-68.

Schiepek G., Schütz A., Köhler M., Richter K. & Strunk G. (1995a): Die Mikroanalyse der Therapeut-Klient-Interaktion mittels Sequentieller Plananalyse. Teil I: Grundlagen, Methodenentwicklung und erste Ergebnisse. In: Psychotherapie Forum, (1): 1-17.

Strunk G. (1996): Die Sequentielle Plananalyse als systemwissenschaftliche Methode der Psychotherapieprozeßforschung. Westfälische Wilhelms Universität: Unveröffentlichte Diplomarbeit. 

Strunk G. (1999a): Klangumsetzung einer Sequentiellen Plananalyse. Teil (D) der beiliegenden CD-Rom. In: G. Schiepek, Die Grundlagen der Systemischen Therapie. Theorie, Praxis, Forschung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht: 

Strunk G. (1999b): Partiturdarstellung und Musik - mehr als eine Analogie. Teil (C) der beiliegenden CD-Rom. In: G. Schiepek, Die Grundlagen der Systemischen Therapie. Theorie, Praxis, Forschung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht: 

Strunk, G. (2004). Organisierte Komplexität. Mikroprozess-Analysen der Interaktionsdynamik zweier Psychotherapien mit den Methoden der nichtlinearen Zeitreihenanalyse. Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Online publiziert 2005: https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/55: Bamberg

Strunk G. (2006a): Animation 47. Darstellung der empirischen SPA-Zeitreihen (Selbstdarstellungskategorien) von Therapeut und Klientin (Therapie I) und ihre Einbettung im Phasenraum (Animationen auf der DVD zum Buch). In: H. Haken/Schiepek G., Synergetik in der Psychologie. Selbstorganisation verstehen und gestalten. Göttingen: Hogrefe. 

Strunk G. (2006b): Animation 46. Kombinierte Klang- und Bilddarstellung der Planpartitur von Therapie I (Animationen auf der DVD zum Buch). In: H. Haken/Schiepek G., Synergetik in der Psychologie. Selbstorganisation verstehen und gestalten. Göttingen: Hogrefe.

Strunk G. & Schiepek G. (2002): Dynamische Komplexität in der Therapeut-Klient-Interaktion. Therapieforschung aus dem Geiste der Musik. In: Psychotherapeut, 47 (5): 291-300.   

Strunk, G. & Lichtwarck-Aschoff, A. (2019): Therapeutic Chaos. Journal for Person-Oriented Research, 5 (2), 81-100.
Download

Abbildung: Systemwissenschaftliche Methodologie

Eine systemwissenschaftliche Methodologie verfolgt als gemeinsames Ziel zweier unabhängiger, aber parallel geführter Forschungszugänge die Dynamik empirischer Zeitreihen (bottom-up) und künstlich im Rahmen von Computersimulationen gewonnener Zeitreihendaten (top-down) aufeinander zu beziehen und miteinander zu vergleichen.
(Mehr dazu: Strunk, G. & Schiepek G. (2014) Therapeutisches Chaos)

Quick Links

- Bücher
- Lehre
- Software
- Videos
- Home