Was ist Komplexität?
sie bedarf nicht des Scheinglanzes überflüssiger Gründe.
Sir Isaac Newton
Noch vor einem Jahrhundert hat man mit Überzeugung kundgetan,
dass die Natur die Einfachheit bevorzuge;
seitdem hat es sich bei mehr als einer Gelegenheit erwiesen,
dass das Gegenteil zutrifft.
Henry Poincaré
Komplexitätsbegriff
Komplexität wird mitunter als modischer Ausdruck für ein kompliziertes
Problem gebraucht. Dabei herrscht die Vorstellung vor, dass ein auch noch so
kompliziertes System durch geduldige Analyse in seine Einzelteile zerlegt
werden kann, so dass ein Verständnis des Gesamtsystems möglich wird.
Bei einem komplexen System trägt eine derartige Aufgliederung aber wenig zum
Verständnis des Gesamtsystems bei, da dessen wesentlichen Eigenschaften erst
durch das vernetzte Zusammenwirken der Einzelelemente entstehen, ein
Phänomen, das als Emergenz bezeichnet wird.
Da in komplexen (sozialen) Systemen nichtlineare Rückkoppelungs- und
Selbstorganisationsprozesse zusammenwirken, ist es nicht möglich, sie
gezielt in eine bestimmte Richtung zu lenken.
Komplexe Systeme können jedoch in ihrer Gesamtheit verstanden und
durchaus auch zielführend beeinflusst werden, wenn man die maßgeblichen Faktoren, deren
Wirkungszusammenhänge, die sensiblen Druckpunkte sowie die besonderen
Eigenschaften komplexer Systeme berücksichtigt.
Ausgehend von einer Darstellung der Faktoren und deren Wirkungszusammenhänge
im Rahmen einer Systemmodellierung und System-Visualisierung lassen sich
durch Sensitivitätsanalysen und Simulationen Einblicke in den komplexe
Systemdynamik gewinnen.
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Abbildung: Therapeutisches Chaos
Synchronisation und Desynchronisation in einer Psychotherapie. Die
Ergebnisse einer aufwändigen Einzelfallstudien zur Interaktionsdynamik in
Psychotherapien haben einige verblüffende Erkenntnisse gebracht. Die Daten
wurden anhand von Videoaufzeichnungen mit einer zeitlichen Auflösung von
zehn Sekunden erhoben. Die Abbildung zeigt die zeitliche Veränderung der
Korrelation zwischen dem Therapeutenverhalten „Eigenverantwortlichkeit der
Klientin fördern“ und der „Problembearbeitung vs. Vermeidung“ der Klientin.
Die beiden Achsen zeigen die Korrelationen im Abstand von fünf Minuten.
Synchronisation und Desynchronisation wechseln einander beständig ab.
(Mehr dazu: Strunk, G. & Schiepek G. (2014) Therapeutisches
Chaos)